1. Inwiefern übt Kleist in diesem Werk Gesellschaftskritik aus?
Um diese Frage beantworten zu können, ist es wichtig, den zeithistorischen Kontext zu beachten. Geschrieben wurde es vermutlich im Jahre 1806, deshalb sind Themen wie die Aufklärung, politische Wandel in den Staatsformen und die Französische Revolution zentrale Themen. Dieser Einfluss macht sich im ganzen Werk bemerkbar. Im Mittelpunkt stehen Freiheit und Rechte, die jedes Individuum zu dieser Zeit aufgrund seines gesellschaftlichen Standes erhält. Er kritisiert den Einfluss, den die Geburt auf das Leben hat, aber nicht haben sollte. Der Stand, in den man geboren wurde, war von grundlegender Bedeutung für das restliche Leben. Im Buch wird das vor allem in der Liebesbeziehung zwischen Jeronimo und Josephe deutlich. Zudem stellt der Weg vom Leben in der Stadt aufs Land, eine Art Flucht aus den gesellschaftlichen Zwängen dar, unter welchem jedes Individuum, dass keinem höheren Stand angehört, leidet.
2. Welche Widersprüche sind zentrale Elemente des Textes?
Der Gefängnis-Pfeiler, welcher für den Selbstmord von Jeronimo gedacht war, rettet schliesslich sein Leben und schützt ihn während des Erdbebens.
Verbotene Liebe, aber ein gemeinsames Kind. Hier liegt der Widerspruch hauptsächlich darin, dass durch die Liebesbeziehung von Josephe und Jeronimo neues Leben entstanden ist, im Grunde genommen etwas Schönes und Erfreuliches. Da diese Liebe aber durch die gesellschaftlichen Sitten, verboten wurde, führte diese Liebe zum Tod, oder zumindest zur Verurteilung zum Tode zweier Menschen.
Die schlimme Katastrophe ist das Beste, was passieren konnte. Während eine Naturkatastrophe normalerweise mit Leid, Unheil und Tod in Verbindung gebracht wird, haben Jeronimo und Josephe von einer solchen profitiert, denn sie rettete ihr Leben. Noch dazu kommt, dass die beiden vor allem wegen der Kirche zu Tode verurteilt werden, sie aber gleichwohl Gott dankten, als sie überlebten.
Die Flucht von der Stadt aufs Land, kann insofern als Widerspruch verstanden werde, als dass zu dieser Zeit das Leben in der Stadt als erstrebenswert und lebenswerter als auf dem Land angesehen wurde. Kleist dreht hier dieses Verhältnis aber um, in dem er sich nicht auf die Lebensqualität, sondern auf die gesellschaftlichen Zwänge bezieht, denn dieses war man auf dem Land weniger ausgesetzt, als in der Stadt.
3. Wie ist die Novelle “Das Erdbeben in Chili” aufgebaut?
Die Novelle ist in drei Teile aufgeteilt. Der erste Teil spielt in der Stadt St. Jago, wo dann auch das Erdbeben stattfindet. Im zweiten Teil treffen sich die Hauptprotagonisten per Zufall wieder in einem Tal. Der dritte und letzte Teil spielt, wieder in der Stadt, genauer gesagt in einer Kirche. In welcher es dann auch zur grossen Auseinandersetzung kommt, die das Ende der Novelle darstellt. Die drei Teile können auch zeitlich eingeteilt werden, der erste Teil findet am ersten Tag mit dem Erdbeben statt, der zweite Teil findet am nächsten Morgen statt, als sie auf dem Land aufwachten, der dritte Teil, dann am selben Nachmittag in der Kirche. Da die Novelle nicht zu einer kanonischen Gattung zählt, gibt es keine strengen Vorgaben und Richtlinien, die zu erfüllen sind. Kleist bezeichnet sein Werk auch als “moralische Erzählung”. Gleichwohl sind in “Das Erdbeben in Chili” auch Komponenten einer “klassischen” Novelle gegeben, wie eine unerhörte oder ausserordentliche Gegebenheit und die Konzentration auf ein Ereignis. Dementsprechend hielt er die Einführung, sowie auch das abrupte Ende sehr kurz.
4. Auf welche realen Ereignisse nimmt Kleist in seinem Werk Bezug?
Als Inspiration gilt das Erdbeben in Santiago de Chile von 1647, welches nach Erzählungen jedes Gebäude in der Stadt zu Boden brachte. Nur von der Kathedrale blieben Teile erhalten. Neben diesem Erdbeben, ist auch das Erdbeben in Lissabon von 1735 von Bedeutung, welches mehr oder weniger die ganze portugiesische Hauptstadt zerstörte. Deshalb liegt die Annahme nahe, dass Kleist diese Vorbilder brauchte, um mithilfe einer Naturkatastrophe seine Sicht auf das Problem der Theodizee* darzustellen. Kleist suchte zu diesem Zeitpunkt stark nach dem Sinn des Lebens und somit auch nach dem Sinn aller Dinge, die geschehen. Die Frage nach dem Sinn einer solchen Naturkatastrophe stellt sich für Kleist als quasi unmöglich beantwortbar heraus. Es setzt allerdings voraus, dass Kleist den historischen Kontext kannte, was nicht endgültig aufgeklärt werden konnte. Nun lösten eben diese beiden Erdbeben zu dieser Zeit grosse Diskussionen über dieses Problem aus.
Zusätzlich lassen sich im Text, vor allem inhaltlich, immer wieder kleinere Referenzen zur Französischen Revolution finden.
*Worterklärung Theodizee: Theodizee als Begriff wurde von Gottfried Leibniz eingeführt und bedeutet so viel wie “Rechtfertigung Gottes” und behandelt Fragen wie, warum Gott Leid zulässt.
5. Welche Absurdität zeigt der Mord an Jeronimo auf?
Es lässt sich nicht daran zweifeln, dass Jeronimos Vater, durch den radikalen Glauben die Menschlichkeit verlor. Kleist zeigt auf, dass der Mensch bereit ist, seine Natur zu hintergehen, nur um seinen Glauben am Leben zu erhalten. Dieser Widerspruch zur Natur zeigt auf, dass der Mensch nicht dazu geschaffen ist, den Grundsatz aller Existenz zu verstehen. Daher lassen sich Menschen dazu verleiten, Gruppendynamiken zu folgen, um in einer rätselhaften Welt ein gewisses Gefühl von Sinnhaftigkeit und Halt zu verspüren. Dies führt teilweise dazu, dass man den Bezug zur Realität verlieren kann. Im Extremfall kann es dann zu solchen Situationen, wie in der Novelle beschrieben, führen. Der Vater stellt die Religion und den Glauben über das Leben seines eigenen Sohnes.
Kleiner eigener Gedanken zu diesem Thema:
Da man sein Wissen also nicht mehr als Wahrheit sehen konnte, sah Kleist auch keinen Sinn mehr dahinter, sein Wissen auszubauen. Dies ist vermutlich auch ein Grund, weshalb er sein Studium abbrach. Kleist suchte sein Glück in der Weiterentwicklung seines Wissens. Da dieses jedoch an Wert verlor, scheiterte sein Versuch, den Sinn des Lebens zu finden und somit erschien ihm sein Wunsch nach Glück unerfüllbar. Das könnte ein möglicher Grund sein, warum er sich das Leben genommen hat.
Um diese Frage beantworten zu können, ist es wichtig, den zeithistorischen Kontext zu beachten. Geschrieben wurde es vermutlich im Jahre 1806, deshalb sind Themen wie die Aufklärung, politische Wandel in den Staatsformen und die Französische Revolution zentrale Themen. Dieser Einfluss macht sich im ganzen Werk bemerkbar. Im Mittelpunkt stehen Freiheit und Rechte, die jedes Individuum zu dieser Zeit aufgrund seines gesellschaftlichen Standes erhält. Er kritisiert den Einfluss, den die Geburt auf das Leben hat, aber nicht haben sollte. Der Stand, in den man geboren wurde, war von grundlegender Bedeutung für das restliche Leben. Im Buch wird das vor allem in der Liebesbeziehung zwischen Jeronimo und Josephe deutlich. Zudem stellt der Weg vom Leben in der Stadt aufs Land, eine Art Flucht aus den gesellschaftlichen Zwängen dar, unter welchem jedes Individuum, dass keinem höheren Stand angehört, leidet.
2. Welche Widersprüche sind zentrale Elemente des Textes?
Der Gefängnis-Pfeiler, welcher für den Selbstmord von Jeronimo gedacht war, rettet schliesslich sein Leben und schützt ihn während des Erdbebens.
Verbotene Liebe, aber ein gemeinsames Kind. Hier liegt der Widerspruch hauptsächlich darin, dass durch die Liebesbeziehung von Josephe und Jeronimo neues Leben entstanden ist, im Grunde genommen etwas Schönes und Erfreuliches. Da diese Liebe aber durch die gesellschaftlichen Sitten, verboten wurde, führte diese Liebe zum Tod, oder zumindest zur Verurteilung zum Tode zweier Menschen.
Die schlimme Katastrophe ist das Beste, was passieren konnte. Während eine Naturkatastrophe normalerweise mit Leid, Unheil und Tod in Verbindung gebracht wird, haben Jeronimo und Josephe von einer solchen profitiert, denn sie rettete ihr Leben. Noch dazu kommt, dass die beiden vor allem wegen der Kirche zu Tode verurteilt werden, sie aber gleichwohl Gott dankten, als sie überlebten.
Die Flucht von der Stadt aufs Land, kann insofern als Widerspruch verstanden werde, als dass zu dieser Zeit das Leben in der Stadt als erstrebenswert und lebenswerter als auf dem Land angesehen wurde. Kleist dreht hier dieses Verhältnis aber um, in dem er sich nicht auf die Lebensqualität, sondern auf die gesellschaftlichen Zwänge bezieht, denn dieses war man auf dem Land weniger ausgesetzt, als in der Stadt.
3. Wie ist die Novelle “Das Erdbeben in Chili” aufgebaut?
Die Novelle ist in drei Teile aufgeteilt. Der erste Teil spielt in der Stadt St. Jago, wo dann auch das Erdbeben stattfindet. Im zweiten Teil treffen sich die Hauptprotagonisten per Zufall wieder in einem Tal. Der dritte und letzte Teil spielt, wieder in der Stadt, genauer gesagt in einer Kirche. In welcher es dann auch zur grossen Auseinandersetzung kommt, die das Ende der Novelle darstellt. Die drei Teile können auch zeitlich eingeteilt werden, der erste Teil findet am ersten Tag mit dem Erdbeben statt, der zweite Teil findet am nächsten Morgen statt, als sie auf dem Land aufwachten, der dritte Teil, dann am selben Nachmittag in der Kirche. Da die Novelle nicht zu einer kanonischen Gattung zählt, gibt es keine strengen Vorgaben und Richtlinien, die zu erfüllen sind. Kleist bezeichnet sein Werk auch als “moralische Erzählung”. Gleichwohl sind in “Das Erdbeben in Chili” auch Komponenten einer “klassischen” Novelle gegeben, wie eine unerhörte oder ausserordentliche Gegebenheit und die Konzentration auf ein Ereignis. Dementsprechend hielt er die Einführung, sowie auch das abrupte Ende sehr kurz.
4. Auf welche realen Ereignisse nimmt Kleist in seinem Werk Bezug?
Als Inspiration gilt das Erdbeben in Santiago de Chile von 1647, welches nach Erzählungen jedes Gebäude in der Stadt zu Boden brachte. Nur von der Kathedrale blieben Teile erhalten. Neben diesem Erdbeben, ist auch das Erdbeben in Lissabon von 1735 von Bedeutung, welches mehr oder weniger die ganze portugiesische Hauptstadt zerstörte. Deshalb liegt die Annahme nahe, dass Kleist diese Vorbilder brauchte, um mithilfe einer Naturkatastrophe seine Sicht auf das Problem der Theodizee* darzustellen. Kleist suchte zu diesem Zeitpunkt stark nach dem Sinn des Lebens und somit auch nach dem Sinn aller Dinge, die geschehen. Die Frage nach dem Sinn einer solchen Naturkatastrophe stellt sich für Kleist als quasi unmöglich beantwortbar heraus. Es setzt allerdings voraus, dass Kleist den historischen Kontext kannte, was nicht endgültig aufgeklärt werden konnte. Nun lösten eben diese beiden Erdbeben zu dieser Zeit grosse Diskussionen über dieses Problem aus.
Zusätzlich lassen sich im Text, vor allem inhaltlich, immer wieder kleinere Referenzen zur Französischen Revolution finden.
*Worterklärung Theodizee: Theodizee als Begriff wurde von Gottfried Leibniz eingeführt und bedeutet so viel wie “Rechtfertigung Gottes” und behandelt Fragen wie, warum Gott Leid zulässt.
5. Welche Absurdität zeigt der Mord an Jeronimo auf?
Es lässt sich nicht daran zweifeln, dass Jeronimos Vater, durch den radikalen Glauben die Menschlichkeit verlor. Kleist zeigt auf, dass der Mensch bereit ist, seine Natur zu hintergehen, nur um seinen Glauben am Leben zu erhalten. Dieser Widerspruch zur Natur zeigt auf, dass der Mensch nicht dazu geschaffen ist, den Grundsatz aller Existenz zu verstehen. Daher lassen sich Menschen dazu verleiten, Gruppendynamiken zu folgen, um in einer rätselhaften Welt ein gewisses Gefühl von Sinnhaftigkeit und Halt zu verspüren. Dies führt teilweise dazu, dass man den Bezug zur Realität verlieren kann. Im Extremfall kann es dann zu solchen Situationen, wie in der Novelle beschrieben, führen. Der Vater stellt die Religion und den Glauben über das Leben seines eigenen Sohnes.
Kleiner eigener Gedanken zu diesem Thema:
Da man sein Wissen also nicht mehr als Wahrheit sehen konnte, sah Kleist auch keinen Sinn mehr dahinter, sein Wissen auszubauen. Dies ist vermutlich auch ein Grund, weshalb er sein Studium abbrach. Kleist suchte sein Glück in der Weiterentwicklung seines Wissens. Da dieses jedoch an Wert verlor, scheiterte sein Versuch, den Sinn des Lebens zu finden und somit erschien ihm sein Wunsch nach Glück unerfüllbar. Das könnte ein möglicher Grund sein, warum er sich das Leben genommen hat.